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Sebadenitis - eine mysteriöse Hautkrankheit

PD Dr. Ina Pfeiffer
Januar 2006

 

Allgemein
Die Talgdrüsen
Die Sebadenitis
Ursachenforschung
Berücksichtigte Literaturquellen
Erläuterungen (Begriffe)

 

Allgemein

Die Sebadenitis des Hundes stellt eine entzündliche Zerstörung der Talgdrüsen dar. Es handelt sich um eine Erkrankung, von der viele verschiedene Rassen und auch Mischlinge betroffen sein können.
Mittlerweile ist jedoch eine deutliche Rassedisposition (Akita, Amerikanischer Akita, Pudel, Hovawart, Vizsla und Samojede) bekannt.
Im Folgenden sollen die Zusammenhänge nach dem aktuellen Wissenstand näher erläutert werden.

Die Talgdrüsen

Wie bereits erwähnt, haben die Talgdrüsen eine zentrale Bedeutung bei dieser Krankheit. Die Talgdrüsen (Glandulae sebaceae) liegen oberflächlich in der behaarten Haut von Hunden. Sie stehen durch einen Ausführungsgang mit der Hautoberfläche, der Epidermis, in Verbindung und entleeren dorthin ihr Sekret, den Talg (Sebum) (2).

Abb.: 1
Schematische Einteilung der anatomischen Abschnitte eines Haarfollikels in der Haut

Das etwas ölige Sebum breitet sich auf der Oberfläche der Haut und der Haare aus. Normalerweise dient diese Emulsion nicht nur zur Regulation der Feuchtigkeit der Haut, sondern bildet zudem eine physikalisch chemische Barriere gegen potenziellen Krankheitserreger (Pathogene) aus. Ferner enthält das Sekret zusätzlich anorganische Salze und Proteine, sowie Glycoprotein-Interferone und Immuno-globuline. Damit ist ein umfassender Schutz gegen äußere Erreger gewährleistet. Diese Funktion wird zusätzlich über die vielen freigesetzten Fettsäuren unterstützt (2).

Man hat festgestellt, dass die Anzahl und Größe der Talgdrüsen beim Hund von Körperregion zu Körperregion variiert. Besonders große Talgdrüsen findet man am Kinn. Im Nacken und am Schwanzansatz ist des Weiteren eine hohe Zahl Talgdrüsen vertreten. An den Zehen- und Sohlenballen, Zitzen und am Nasenspiegel gibt es hingegen keine Talgdrüsen.

Bisher kennt man beim Hund nur eine wesentliche Erkrankung, bei der die Talgdrüsen betroffen sind: "Die Sebadenitis"

Die Sebadenitis

Die Sebadenitis ist eine primäre, selektive Entzündungsreaktion gegen die Talgdrüsen, welche beim Hund, bei der Katze und bei Kaninchen beschrieben worden ist (1,2,3).
Diese Krankheit kann zum vollständigen Verlust der Drüsen führen. Als eine Folge davon wird die Sebumproduktion weitestgehend unterbunden.
Der Verlust des Sekretes selbst scheint das Haarwachstum nicht wirklich zu beeinträchtigen. Wie mikroskopische Untersuchungen (Histologie) von Hautbiopsien gezeigt haben, durchläuft der Entzündungscharakter der Sebadenitis mehrere verschiedene Stadien. Erst nach dem kompletten Verlust der Talgdrüse nimmt auch die Entzündungsintensität ab. Klinisch erscheint die Haut trocken und schuppig und es entstehen viele haarlose Stellen. Charakteristisch sind die eng am Haarschaft anhaftenden, sehr oft bräunlich verfärbten und verklebenden Schuppen (2).

Abb.: 2: Verklumpter bräunlich verfärbter Haarbüschel :
Quelle: (1)

Das Fell ist glanzlos, trocken und brüchig. Des Weiteren verändert sich der Eigengeruch der Hunde: Sie riechen wie "drei Tage getragene Socken".

Wie bereites erwähnt, können bei mikroskopischen Untersuchungen der Haut, unterschiedliche Entzündungsgrade festgestellt werden.
Im Anfangsstadium findet man an und in den Talgdrüsen viele unterschiedliche Zellen des Immunsystems.
Man bezeichnet das auch als perifollikuläre Granulome (Ansammlungen von vielen Zellen ohne Bindegewebe). Dieses Zellinfiltrat besteht aus Abwehrzellen, wie Makrophagen, Lymphozyten, Plasmazellen und neutrophilen Granulozyten. Die Haarfollikel selbst bleiben bei diesen Vorgängen weitestgehend verschont.
Im Endstadium haben die oben genannten Immunzellen dann dafür gesorgt, dass das Talgdrüsengewebe zerstört ist und mikroskopisch keine Talgdrüsenstruktur mehr erkennbar ist (1).
Bisher hat man die Sebadenitis sowohl bei Rüden als auch Hündinnen festgestellt, wobei keine Fellfarbenprädisposition zu ermitteln war.

Die ersten Anzeichen der Krankheit treten in der Regel am Kopf, an den Ohren und am Rumpf auf. Sie breiten sich von dort über den Rücken aus. Das Haar erscheint dünner, fast "mottenfraßähnlich". In manchen Fällen verändert sich die Fellfarbe. Bei einigen Hunden kommen auch Pusteln, Schuppen und gelblichbraune Beläge zusammenhaftend mit Haaren vor. In der Regel wurde ein großer Verlust der Unterwolle beobachtet.
Dass die Hunde unter Juckreiz leiden, ist auf eine Sekundärinfektion mit z.B. Staphylokokken zurückführbar (2).

Warum plötzlich körpereigene Gewebe (Talgdrüse) attackiert werden, ist unbekannt. Jedenfalls sind keine Viren, Bakterien oder Pilze der primäre Verursacher.

Wie beim Pudel gezeigt werden konnte, folgt die Sebadenitis einem autosomal rezessiven Vererbungsmuster*1, man spricht in diesen Fällen von einer Genodermatose *2 (3).
Neben der Genodermatose wird vermutet, dass auch Stresssituationen die Erkrankung auslösen können. Es wurden aber auch Fälle beobachtet, bei denen die Gabe von Glukokortikoiden *3 verantwortlicher Faktor war (3).

Bisher lassen sich keine signifikante Beziehungen zwischen der Dauer der Erkrankung und dem Grad der Sebadenitis ableiten. Es hat sich als besonders schwierig erwiesen, herauszufinden, in welchem Stadium der Erkrankung sich ein SA- Patient gerade befindet.
So gibt es Hunde bei denen die Zerstörung aller Talgdrüsen schon nach 2 Monaten erreicht ist oder es gibt Individuen, bei denen SA über Jahre hinweg, schubweise auftretend, ein eher schleichender Prozess ist. Das Voranschreiten der Erkrankung kann also individuell sehr verschieden sein (3).

Wenn infolge der Entzündungsreaktion auch die Stammzellen einer Talgdrüse vernichtet wurden, führt das dazu, dass eine Regeneration unmöglich wird. Dieser Fall tritt in der letzten Phase der Erkrankung ein.

Von daher ist es zur Zeit im Rahmen der SA- Forschung von größtem Interesse, herauszufinden, welche Mechanismen dazu führen, dass die Talgdüsen von Zellen des Immunsystems zerstört werden und welche genetischen bzw. vererbten Ursachen (Genodermatose) diesen Prozess triggern *4.

Ursachenforschung

Ein wichtiger Ansatzpunkt um die Ursachenforschung weiter voran zu bringen war, dass mikroskopische Untersuchungen verdeutlichen, dass Zellen/Komponenten des Immunsystems massiv an dem Zerstörungsprozess teilhaben. Es sind aber keine Bakterien, Viren oder Pilze als Verursacher der Krankheit nachzuweisen, sondern die Reaktionen laufen gegen körpereigene Stoffe/Zellen.

Besonders interessant in diesem Zusammenhang war, sobald diese Reaktionen über immunsuppressive Medikamente ausgeschaltet werden (z.B. Cyclosporin), verzögert sich der Krankheitsverlauf.
Setzt man das Medikament ab, fällt der Patient kurze Zeit später wieder in den Ausgangszustand zurück und die Krankheit nimmt ihren Lauf (1).
Es gilt also herauszufinden, was genau diese Fehlsteuerung des Immunsystems verursacht, dass nämlich körpereigene Zellen, hier die Talgdrüse, angegriffen wird.

Bisher hat die Forschung uns gezeigt, dass höchstwahrscheinlich SA- positive Hunde im Blut Veränderungen aufweisen, die wir jedoch momentan noch nicht zuordnen können. Da aber im Blut viele Komponenten des Immunsystems transportiert werden, die sich später an den Talgdrüsen wieder finden lassen, stellen sich folgende Fragen:

1. Welche exakten Zusammenhänge bestehen zwischen dem Immunsystem/Blut und den Talgdrüsen?
2. Über welchen genetischen Hintergrund werden diese Prozesse getriggert?

Momentan werden beide Fragen mit verschiedenen methodischen Ansätzen bearbeitet, um neue Erkenntnisse über die mysteriöse Hauterkrankung SA zu sammeln. Da das Immunsystem sehr komplex aufgebaut ist und eine Vielzahl von Interaktionen ablaufen, ist die Ursachensuche vielschichtig.
Um den Schlüssel und die Zusammenhänge für die genetisch getriggerten Ursachen ausfindig zu machen, sind noch viele Experimente notwendig.

Ohne die Unterstützung von engagierten Züchtern und Haltern und ohne Biopsien, Blutspenden wäre das Fortschreiten der SA- Studie nicht vorstellbar und wir danken allen, die uns hierbei helfen.

PD Dr. Ina Pfeiffer
Institut für Biologie
Universität Kassel
Heinrich-Plett-Straße 40
34109 D-Kassel

 

Berücksichtigte Literaturquellen:

(1) Linek M, Boss C, Haemmerling R, Hewicker-Trautwein M, Mecklenburg L.:
"Effects of cyclosporine A on clinical and histologic abnormalities in dogs with sebaceous
adenitis". J Am Vet Med Assoc. 2005 Jan 1;226(1):59-64

(2) Sousa CA.: "Sebaceous adenitis".
Vet Clin North Am Small Anim Pract. 2006 Jan;36(1):243-9.

(3) Reichler IM, Hauser B, Schiller I, Dunstan RW, Credille KM, Binder H, Glaus T, Arnold S.:"
Sebaceous adenitis in the Akita: clinical observations, histopathology and heredity"
Vet Dermatol. 2001 Oct;12(5):243-53.

 

Erläuterungen (Begriffe):

*1: autosomal rezessives Vererbungsmuster:

Beim autosomal-rezessiven Erbgang werden Defektgene, die für die Ausprägung des gleichen Merkmales verantwortlich sind von den Elterntieren an die Nachkommen weitergegeben.
Nur wenn beide Elterntiere das Defektgen weitergeben, kommt die Erkrankung zum Ausbruch. Erbt eine Nachzucht nur ein verändertes Gen vom Rüden oder von der Hündin, erkrankt sie nicht selbst, vererbt dieses Gen aber an die eigenen Nachkommen weiter.

Meist sind beide Elternteile "gesund" und heterozygot und geben das kranke Gen an die Nachkommen weiter.
Ein Nachkomme kann bei einem autosomal-rezessiven Erbgang, nur erkranken, wenn beide Elterntiere (Rüde und Hündin) Träger des defekten Allels sind. So kann die Krankheit auch mal mehrere Generationen überspringen, bevor sie wieder zum Ausbruch kommt.
Die Wahrscheinlichkeit, von der Erbkrankheit betroffen zu sein, liegt für die Nachkommen bei 25 %. Ist ein Elterntier bereits erkrankt, bzw. die Krankheit zum Zeitpunkt der Verpaarung noch nicht ausgebrochen, so steigt die Wahrscheinlichkeit der Nachkommen ebenfalls zu erkranken auf 50 % an.
Sind beide Elterntiere von der Erbkrankheit betroffen, ohne dass diese zum Zeitpunkt der Verpaarung bereits ausgebrochen ist, werden 100% der Nachkommen ebenfalls unter der Erbkrankheit leiden, unabhängig vom Geschlecht.

*2 : Genodermatose:

Dermatose= Der|ma|tose, Dermatosis. engl.: dermatosis. krankhafte Hautveränderung jeglicher Art,
Geno= genetisch bedingt, Gen

*3 : Glukokortikoide:

Glukokortikoide (andere Schreibweise: Glucocorticoide) zählen zu den Kortikoiden, einer Klasse von Steroid-Hormonen aus der Nebenniere. Die wichtigsten Vertreter der Glucocorticoide sind Kortison, Kortisol und Kortikosteron. Alle Kortikoide sind Derivate des Progesterons
(4-Pregnen-3,20-dion).
Die Glukokortikoide haben vielfältige physiologische Wirkungen. Sie beeinflussen den Stoffwechsel, den Wasser- und Elektrolythaushalt, das Herz-Kreislaufsystem und das Nervensystem. Ferner wirken sie entzündungshemmend und immundepressiv.

*4: Triggern:

Der Begriff "triggern" stammt aus dem Englischen und steht für Schalten, mehr noch für Auslöser.

 

 

 

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